Mitarbeiterstreit
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Tuifly erwartet weitgehend normalen Flugbetrieb ab Sonntag

TUIfly Boeing 737-800
TUIfly Boeing 737-800, © Ingo Lang

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HANNOVER - Nach den massiven Ausfällen der vergangenen Tage geht der Ferienflieger Tuifly wieder von einem weitgehend normalen Flugbetrieb ab Sonntag aus. "Voraussichtlich werden 115 Flüge starten", teilte die Airline am Freitag nach einem Schlichtungsgespräch im niedersächsischen Wirtschaftsministerium mit.

Aus operationellen Gründen müsse Tuifly aber am Samstag große Teile des Flugprogramms streichen - 118 Flüge seien betroffen. Parallel organisiere Tui Zusatzflüge.

Zuvor hatte der Reisekonzern eingelenkt und war den Forderungen der Arbeitnehmer mit einer mindestens dreijährigen Standort- und Tarifgarantie entgegengekommen. Zudem wurde eine Entscheidung über die geplante Neuordnung nun von Ende September auf Mitte November verschoben, um mehr Zeit für die Suche nach gangbaren Alternativvorschlägen zu geben.

Detlef Ahting, Vertreter der Gewerkschaft Verdi bei dem Schlichtungsgespräch, nannte die gefundene Lösung eine gute Grundlage. Die Gespräche der nächsten Wochen müssten nun zeigen, ob sie belastbar sei.

Vor einer Woche war bekanntgeworden, dass Tuifly in eine neue Dachholding unter Führung von Etihad integriert werden soll. Arbeitnehmervertreter befürchteten Job-Verluste und kritisierten zu unkonkrete Angaben. Seitdem führen kollektive Krankmeldungen der Besatzungen zu Flugausfällen und massiven Verspätungen.

Betroffen ist auch Air Berlin, denn ein Drittel der Tuifly-Flotte fliegt samt Crews für die Berliner. Tuifly ist zur Wiederaufnahme der Flüge nun darauf angewiesen, dass sich die Besatzungen wieder zum Dienst melden.

Der Touristikkonzern Tui sicherte zu, die Airline Tuifly solle für die Dauer von mindestens drei Jahren eine deutsche Gesellschaft mit Sitz in Hannover bleiben. Die heutigen Arbeitsverträge blieben solange bestehen und es gebe keine Einschnitte bei den Gehältern. Weitere Gesprächstermine mit den Arbeitnehmervertretern seien, beginnend ab Montag, für die nächste Woche vereinbart.

Bei Tuifly waren am Freitag fast alle Flüge ausgefallen. Die Airline versuchte mit gemieteten Maschinen und Crews einen Teil der Ausfälle aufzufangen. Tausende Passagiere waren betroffen. Auch Air Berlin musste nach eigenen Angaben 50 von 90 Flügen streichen. Etwa 45 Prozent des Flugprogramms hätten durch freiwillige Crews von Air Berlin und durch Subcharterflüge aufgefangen werden können, so die Airline mit. Mehr als 1000 Mitarbeiter hätten sich freiwillig bereit erklärt, Sonderschichten zu leisten, um Fluggäste zu betreuen.

Wegen der Ausfälle sitzen rund 900 Gäste der Thomas Cook-Veranstaltermarken Thomas Cook, Neckermann Reisen, Bucher Last Minute und Öger Tours in verschiedenen Urlaubsgebieten fest, wie Thomas Cook mitteilte. Um alle Gäste von den Kanaren und aus Griechenland zurück nach Deutschland zu befördern, organisiere das Unternehmen kurzfristig acht zusätzliche Flüge, darunter der konzerneigenen Airline Condor.

Nach den massiven Ausfällen mehrt sich die Kritik am Tui-Konzern, weil er keine Entschädigungen an betroffene Passagiere zahlen will. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) empfahl geschädigten Urlaubern, Schadenersatzansprüche bei dem Ferienflieger anzumelden. Er könne allen Kunden nur raten, ihre rechtlichen Ansprüche geltend zu machen, sagte der CSU-Politiker am Rande der Verkehrsministerkonferenz in Stuttgart. Tui beruft sich auf höhere Gewalt und will Betroffenen nicht entschädigen.

Kritik kam auch vom Tourismusforscher Torsten Kirstges, der den Tuifly-Mutterkonzern Tui vor einem Imageschaden warnte. Mit Blick auf die Entschädigungsfrage sagte er der Deutschen Presse-Agentur: "Da hätte man sich besser bedeckt gehalten." Er gehe davon aus, dass die Gesellschaft entsprechende Prozesse verlieren werde und dann doppelt am Pranger stehe. Nach seiner Einschätzung liegt die ausreichende Personalausstattung in der Verantwortlichkeit des Arbeitgebers.

Mehr Kulanz fordern die Reisebüros, die für Urlauber Stornierungen oder Umbuchungen vornehmen müssen, ohne dass der Mehraufwand vergütet wird. Die aktuellen Probleme dürften nicht auf dem Rücken der Reisebüros ausgetragen werden, erklärte der Branchenverband DRV. Unverständnis gab es auch an der Tuifly-Heimatbasis Hannover. Volker Schmidt, Hauptgeschäftsführer der niedersächsischen Metallarbeitgeber (NiedersachsenMetall), sprach von einer "Form des versteckten Arbeitskampfes" und meinte: "Hier wird quasi gestreikt." Krankheit werde offensichtlich instrumentalisiert, um gegen mögliche unternehmerische Beschlüsse zu revoltieren.
© dpa-AFX | 07.10.2016 18:50

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Beitrag vom 10.10.2016 - 08:11 Uhr
man kann das auch ganz nüchtern betrachten: ob die Entscheidung eines Betriebsüberganges und der Zusammenlegung mit AB-Teilen wirklich schlau ist? Da traue ich mir kein Urteil zu. Dass Firmen fusioniert werden, und dabei versucht wird, das ganze möglichst wirtschaftlich zu gestalten ist einfach eine Realität - es wäre schön wenn dieses Gejammer à la "oh das böse Management" endlich mal aufhören würde. Das ist sicher nicht immer schön für alle Beteiligten, aber das hatten wir ja schon. Andere ertragen das ohne die Anmaßung zu meinen, sie könnten sich deshalb alles rausnehmen.

Da sie selbst hier schon "zugeben", nicht zu wissen, worum es tatsächlich geht, empfinde ich es als ebenso anmaßend, den hier beteiligten genau dieses Maß abzusprechen.
Dass Andere dies ohne zu Murren ertragen, liegt aber eben meine Ansicht nach nicht daran, dass sie es nicht tun würden, sondern eher daran, dass diese Anderen schon längst resigniert haben und ihr "Kampf" keinerlei Auswirkung hätte. Da mag dann Organisationsgrad oder mangelnde Kommunikation mit Gleichgesinnten der Grund für sein, ich weiß es nicht...
Es lässt sich immer leicht auf andere mit mehr Möglichkeiten schimpfen, wenn diese auch noch genutzt werden. Da stelle ich fest, dass ist gegenüber gut organisierten Arbeitnehmervertretungen genauso leicht, wie gegenüber dem "bösen Management".

Es gibt hier allerdings einen kleinen aber feinen Unterschied: Worin genau sehen sie hier eine kreative Auslegung von Tarifverträgen oder "Bilanzierungsgesetzen" (lassen Sie mich raten, Sie sind kein Betriebswirt oder Kaufmann)?

Welchen kleinen aber feinen Unterschied meiner denn jetzt Sie, wenn Sie gleich danach eine Frage stellen?!?

Und vor allem: wo genau hat die GF hier bitte ArbeitnehmerSCHUTZrechte mißbraucht? und was meinen Sie wohl, in welches Licht das diese Schutzrechte wohl rückt? und mit oder ohne VC, was ist daran bitte _nicht_ rücksichtlos und geomanisch?

Ich halte es zumindest für fragwürdig, wenn man tarifliche Einigungen (Tarifverträge) mit mehreren Jahren Laufzeit abschließt und keine Woche später ein Konstrukt verkündet, was diese in ihrer Wirkung (und Laufzeit) potentiell beschränkt. Wer hier fragwürdig oder egomanisch gehandelt hat, müssen andere beurteilen.
Es scheint(!) aber mittlerweile durchaus üblich zu sein, das Firmen BVBs und Tarifverträge "auslegen" und dabei eben nur noch den eigenen "wirtschaftlichen" Vorteil in diesen suchen. Das halte ich dann zwar nicht für egomanisch, aber mindestens unfair den Mitarbeitern gegenüber.
Gewerkschaften und Betriebsräten bleibt häufig nur noch der Gang vor das Gericht und bis dieses entschieden hat, sind die Fakten schon längst so geschaffen, dass es kein zurück mehr gibt. Dabei ist dann egal, ob die Gewerkschaft oder die Firma vor Gericht recht bekommen hat...
Googeln Sie mal den Betriebsübergang von AUA zu Tyrolean...

(kleiner Kommentar zum Thema, sicher nicht alles meine Meinung, aber eine nette Anregung:  http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/kritik-an-protestaktion-von-tuifly-mitarbeitern-14472180.html )
Geben Sie mir eine gute, überzeugende Antwort dazu, und ich stimme ihnen in allem zu. Es würde mich aber überraschen.

Überzeugen oder sogar umstimmen will und kann ich Sie wahrscheinlich nie;-)


Dieser Beitrag wurde am 10.10.2016 08:14 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 09.10.2016 - 22:34 Uhr
man kann das auch ganz nüchtern betrachten: ob die Entscheidung eines Betriebsüberganges und der Zusammenlegung mit AB-Teilen wirklich schlau ist? Da traue ich mir kein Urteil zu. Dass Firmen fusioniert werden, und dabei versucht wird, das ganze möglichst wirtschaftlich zu gestalten ist einfach eine Realität - es wäre schön wenn dieses Gejammer à la "oh das böse Management" endlich mal aufhören würde. Das ist sicher nicht immer schön für alle Beteiligten, aber das hatten wir ja schon. Andere ertragen das ohne die Anmaßung zu meinen, sie könnten sich deshalb alles rausnehmen.
Es gibt hier allerdings einen kleinen aber feinen Unterschied: Worin genau sehen sie hier eine kreative Auslegung von Tarifverträgen oder "Bilanzierungsgesetzen" (lassen Sie mich raten, Sie sind kein Betriebswirt oder Kaufmann)?
Und vor allem: wo genau hat die GF hier bitte ArbeitnehmerSCHUTZrechte mißbraucht? und was meinen Sie wohl, in welches Licht das diese Schutzrechte wohl rückt? und mit oder ohne VC, was ist daran bitte _nicht_ rücksichtlos und egomanisch?
(kleiner Kommentar zum Thema, sicher nicht alles meine Meinung, aber eine nette Anregung:  http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/kritik-an-protestaktion-von-tuifly-mitarbeitern-14472180.html )
Geben Sie mir eine gute, überzeugende Antwort dazu, und ich stimme ihnen in allem zu. Es würde mich aber überraschen.
Beitrag vom 09.10.2016 - 13:09 Uhr

Zu Ihrem Kommentar: die "zukunftssicherung" war ungefähr genauso differenziert gemeint wie die "linke Aktion". Das hätte auch ohne extra Hinweis auffallen können. Denn auch wenn es sie kränken mag: auch bei der Tui gilt es die Interessen von Arbeitnehmern, Eignern und (!) Kunden zu befriedigen und auszugleichen. Da kann nicht immer jeder gewinnen. Deshalb gibt es bei uns ein ziemlich weitreichendes und gutes System der Mitbestimmung.
Ich bin sprachlos, dass man nach X Jahrzehnten Betriebverfassungsgesetz den Leuten noch erklären muss, dass wilde Streiks einfach nicht gehen. In guten Zeiten freuen Sie sich doch auch über Kündigungsschutz, Mitbestimmung, Tarifverträge etc.. Aber das gibt es eben nur im Paket. Sind sie sich eigentlich ansatzweise im Klaren darüber, welchen Bärendienst Sie der Mitbestimmung in Deutschland mit dieser pubertären Aktion zur Wahrung ihrer - sorry, aber im großen Kontext kann man es nicht anders ausdrücken - Partikularinteressen geleistet haben? Pacta sund servanda, und da gehört auch Ihr Arbeitsvertrag dazu. Und wenn ich dann hier im Forum irgendein Gedöns von wegen "unfit to fly" lese, frage ich mich ob es nicht am Ende noch widerlicher ist, Regeln, die der Flugsicherheit dienen für so etwas zu mißbrauchen. Sollten sie am Ende noch VC-Mitglied sein, sind sie ein bezauberndes Beispiel dafür, warum dieser nette kleine Verein von vielen nur noch als Sinnbild der Egomanie und Rücksichtslosigkeit wahrgenommen wird.
Da sie ja anscheinend nicht der große zwischen-den-Zeilen-Leser sind: ja, Leute die Aktionen wie wilde Streiks schönreden, machen mich sehr, sehr wütend!

Sehr geehrter herrimhimmel,

die Emotionalität, die in diesem Thema steckt, macht uns allen, hoffentlich aktuell nicht betroffenen, sehr zu schaffen. Da darf es doch niemanden wundern, sondern sondern es sollte doch eher Respekt hervorrufen, wenn die fliegenden Kollegen der TUIfly ihre eigenen Grenzen sehen...
Ich möchte Sie auch bitten anzuerkennen, dass es sowohl bei der TUIfly, als auch bei anderen Fluggesellschaften, aktuell häufiger um die Knappheit der Kabinenkollegen geht. Von daher ist der "egoistische" Verein der VC an dieser Stelle das falsche Feindbild!

Sie schreiben von einzuhaltenden Verträgen und Gesetzen.
Das finde ich toll!
Was aber eben gar nicht geht, ist, dass man eben diese dazu ausnutzt, um andere Ziele zu erreichen... Sie bemängeln das zurecht im Falle des "Sick-out", lassen aber dabei die kreative Auslegung von Tarifverträgen und Bilanzierungsgesetzen aussen vor. (Oder wie sehen Sie die plötzliche Verlagerung der TUIfly nach Österreich?)
Von daher halte ich die Ausnutzung eines Gesetzes durch die Belegschaft (Krankheit/Fit-to-fly) nicht für die feine englische Art, aber dennoch für eine adequate Reaktion auf das ebenso dreckige (aber leider wohl legale) Spiel der Firmenleitungen....
So, Feuer frei


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